Liebe Gemeinde,
Heute, am 18.November, gedenken wir den Opfern der Kriege und Gewaltherrschaften. Aus diesem Grunde haben wir uns vor hier vor unserem Denkmal eingefunden, dass uns seit jeher als Mahnmal für diese schrecklichen Verbrechen dienen soll.
In diesem Jahr erinnern wir an zwei denkwürdige Ereignisse. Vor hundert Jahren endete der erste Weltkrieg, in dem ca. 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren.
Im November 1938, also vor 80 Jahren, begann mit der Reichspogromnacht die systematische Zwangsenteignung jüdischen Besitzes zur Finanzierung der deutschen Aufrüstung. Am Ende fand ein beispielloser Vernichtungskrieg statt in dem dann zwischen 60 und 70 Millionen tote Menschen zu beklagen waren.
Seit nunmehr 73 Jahren leben wir in Frieden, weil wir, glaube ich, aus unserer Vergangenheit gelernt haben, Regeln im Umgang miteinander und Gegeneinander zu beachten. Und was ganz wichtig ist, wir leben in einer Demokratie!
Im Jahre 1900 lag der Anteil der Weltbevölkerung, die in einer Demokratie lebten, bei gerade einmal 10,7 %. Im Jahre 2015 liegt der Anteil bei 55,8 %. In der Bildung lag im Jahre 1900 der Anteil der Analphabeten in der Weltbevölkerung bei 78,6 % heute liegt er bei rund 11%.
Warum nenne ich diese Zahlen? Der erste Weltkrieg wurde durch ein Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajewo ausgelöst. Vorausgegangen war eine risikoreiche Politik der herrschenden Eliten und dafür mussten dann 17 Millionen Menschen ihr Leben lassen.
Nach 1918 versuchte man mit der Weimarer Republik demokratische Strukturen zu schaffen, was ja zunächst auch gelang, aber durch die Machtergreifung des NS-Regimes im Jahre 1933 ein jähes Ende fand.
Das Ergebnis war ein verheerender Vernichtungskrieg mit fast 70 Millionen Todesopfern.
Erst danach ist es uns gelungen demokratische Strukturen zu schaffen, die es uns bis heute ermöglichen Konflikte und Auseinandersetzungen ohne Kriegserklärungen zu lösen.
Dies hat uns seit 1945 ein Leben ermöglicht, in Frieden und Freiheit. Meine These lautet, dass damals ein Bildungstand wie heute niemals zu solchen Entwicklungen geführt hätte.
Vor einigen Wochen las ich im Stern: „Besser ging es uns nie!“
Der Journalist Walter Wüllenweber hat dabei die Bereiche Umwelt, Medizin, Frauenrecht, Demokratie, Armut, Terror, Krieg, Bildung und Kriminalität betrachtet und dabei festgestellt, dass wir in allen diesen Bereichen heute weltweit besser Leben als zuvor.
Sprechen wir darüber dann an den Stammtischen oder verfolgen die ausufernden, medialen Berichte fühlen wir dies ganz anders! Warum ist das so? In den 50er und 60er Jahren haben die Menschen ca. eine Stunde pro Tag vor dem Fernsehen verbracht oder Radio gehört. Heute durch die Medienvielfalt sind daraus im Durchschnitt 10 Stunden pro Tag geworden.
Und jeder von Ihnen, der vielleicht vom Frühstück bis zum Erreichen des Arbeitsplatzes Radio hört, vernimmt oftmals drei bis vier negative Meldungen über weltweite Terroranschläge bis hin zu Mord und Totschlag.
Mit der Vielfalt und der Schnelligkeit dieser Informationen, die manchmal auch sehr fragwürdig erscheinen, werden Bewertungen und Schlüsse gezogen, die eine Demokratie belasten und Kräfte hervorbringen, die wir so nicht akzeptieren dürfen.
Um Ihnen ein Beispiel zu nennen. In den 70er und 80er Jahren fielen in Westeuropa viermal mehr Menschen Terroranschlägen zum Opfer als heute.
Wir müssen an das Glauben was unsere Mütter und Väter nach dem Krieg aufgebaut und vorangebracht haben und was uns allen ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand ermöglicht hat.
Wir stehen heute hier und denken an die Menschen, denen die Chance auf ein Leben in Friede und Freiheit niemals gegeben wurde und die dafür kein Wahlrecht besaßen.
Und wir müssen auch an die Menschen denken, die ihr Leben verloren, weil Sie in einem Land geboren wurden, in dem Krieg herrscht oder diktatorisch Freiheit nicht zugelassen wird.
Lassen Sie uns alle dankbar dafür sein, dass sich dies bei uns geändert hat und hoffentlich noch lange so bleiben wird.
Vielen Dank!