Liebe Gemeinde,
Heute am 17.11.2019 stehe ich zum 6. Mal, liebe Bürgerinnen und Bürger, hier um am Volkstrauertag zu Ihnen zu sprechen.
Jedesmal, wenn ich mich auf diesen Tag vorbereite, überlege ich, was können wir mit unseren Kranzniederlegungen an diesem Tag bewirken. Welche Reichweite erzeugen wir mit unseren Ansprachen?
Der Volkstrauertag, der ja erstmals 1922 und seit 1926 dann regelmäßig stattfand, war ja anfangs eher unrühmlich, bis er dann 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag als staatlicher Gedenktag festgelegt wurde. Seitdem erinnert er an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltbereitschaft und Gewaltherrschaft aller Nationen.
Also gedenken wir seit nunmehr 67 Jahren regelmäßig am gleichen Tag an die vielen Opfern der Kriegen und Gewaltherrschaften und haben längst die Opfer von Terroranschlägen und anderen Gewalthandlungen mit eingeschlossen.
Wir gestalten diesen Gedenktag mit Liedbeiträgen unseres katholischen Kirchenchors und der Westpfälzer Bläsergruppe. Wir hören Gedenkworte und Ansprachen. Eigentlich ein Ansporn für jede Bürgerin und jeden Bürger an dieser Gedenkstunde teilzunehmen. Natürlich ist mir bewusst, dass manche, sei es wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder aus einem anderen sehr wichtigen Grund, nicht teilnehmen können. Leider gibt es aber auch viele in unseren Reihen, die wir, aus welchen Gründen auch immer, einfach nicht erreichen.
Ich bin mir aber sicher, dass im tiefsten Innern, jeder, auch wenn er heute nicht hier ist, diese abscheulichen Taten, die leider immer wieder vorkommen, ablehnt und genauso trauert, wenn irgendwo auf der Welt ein Verbrechen mit vielen Toten passiert. Lange Zeit war dies bei mir genauso. Aber müssen wir nicht gerade heute in dieser Zeit einen solchen Gedenktag stärker in unser Bewusstsein rücken?
Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen sich friedlich vereinen und gemeinsam an diesem stillen Tag für den Frieden in der Welt zusammenstehen.
Wenn ich sehe, wie ein junges Mädchen aus Schweden in der Lage ist das Umweltbewusstsein in den Blickpunkt vieler Nationen zu rücken, dann stelle ich mir Frage: Warum schaffen wir es nicht, den gleichen Ehrgeiz für Frieden und Freiheit in der Welt zu erreichen? Warum müssen wir überhaupt Rüstungsgüter herstellen und verkaufen? Warum müssen wir kriegerische Völker damit beliefern? Wäre dies kein Anlass dagegen friedlich zu demonstrieren?
Wir leben seit 74 Jahren friedlich in unserem Land, obwohl es in unmittelbarer Nähe immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen gab.
Die meisten die heute hier stehen, hatten das Glück, so wie ich, die Leiden, Entbehrungen und Gräueltaten nicht erleben zu müssen. Einige haben aber noch als Jugendliche und Kinder den zweiten Weltkrieg erlebt. Manchmal wird mir bei Geburtstagsbesuchen die ein oder andere Geschichte erzählt. Beispielweise wie eine Bürgerin als junge Frau nach Magdeburg in eine Rüstungsfirma als Arbeiterin beordert wurde. Vielmehr Äußerungen werden es dann nicht, weil man sich nicht gerne daran erinnert. Weil diese Zeit mit Leid und Schmerz verbunden ist.
Ich muss dann immer daran denken, was wäre, wenn in unserem Land Krieg wäre? Jeden Tag Angst haben, um das eigene Leben und das Leben der Angehörigen. Vielleicht nicht zu wissen, ob wir überleben! Was wird in den nächsten Tagen und Wochen sein? Müssen wir fliehen, haben wir morgen noch ein Dach über dem Kopf? Ist so was nicht furchtbar?
Wir sind heute in der Lage in einer globalisierten, digitalen Welt Informationen bis in den letzten Winkel der Welt sekundenschnell zu verteilen. Aber wir schaffen es nicht Frieden und Freiheit für alle Völker dieser Erde zu erreichen und zu erhalten.
Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir heute und hier dankbar sind für den Frieden zumindest in einem Teil der Welt und das wir nicht aufhören, daran zu glauben, dass eines Tages die Welt in Frieden und Freiheit leben wird. Dafür legen wir heute diesen Kranz nieder und hoffen, dass diese Zeit bald kommen wird und alle Opfer der Vergangenheit nicht umsonst waren.
Vielen Dank!